Like a Bosch – Warum Chinesen andere Kühlschränke wollen als wir
Beim heutigen Praxisvortrag in der Informatik der OTH Regensburg war das Publikum internationaler als sonst, denn die Referenten von BSH – Lilly Heindl (Strategic Innovation), Uwe Hauser (Head of Software Device), Michael Oberacher (Software Developer) – referierten in englischer Sprache zum Thema „Global & Multinational Software Engineering at BSH. How to deal with geographic distance, different time zones and cultural differences?”
Zunächst ging es um das Unternehmen. BSH? Noch nie gehört… Aber schnell war klar, dass das so nicht stimmt. BSH Hausgeräte GmbH steht ursprünglich für „Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH“ und ist mittlerweile ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Bosch-Gruppe. In puncto Hausgeräte ist BSH die Nummer 1 in Europa, es gibt etwa 43 Fabriken weltweit, in denen 60.000 MitarbeiterInnen beschäftigt sind und der Umsatz beträgt über 13 Milliarden Euro jährlich. Neben Herden, Geschirrspülern, kleineren Hausgeräten (z.B. Kaffeemaschinen, Staubsauger etc.), stellt das Unternehmen auch Waschmaschinen und Trockner her. Folgende Marken gehören zu BSH: Bosch, Siemens, die Hochpreismarke Gaggenau, Junker, Constructa u.v.m.
Im Moment ist ein gewaltiger Transformationsprozess im Gange, der v.a. auch die Entwicklungsabteilung in Regensburg betrifft, denn Hausgeräte werden derzeit smart. Es gibt Kameras in Kühlschränken, Herde, Kaffeemaschinen und Waschmaschinen, die ferngesteuert werden können, so dass z.B. der Ofen meldet „Fertig!“ und dann abgeschaltet werden kann.
Unter dem Slogan „Like a Bosch“ präsentierte sich das Unternehmen im vergangenen Jahr auf der CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas, der größten internationalen Messe für Haushaltsgeräte.
Im Vortrag ging es primär darum, wie ein weltweit agierendes Unternehmen es schafft, in internationalen Teams zusammenzuarbeiten, beziehungsweise, was es zu beachten gilt, wenn Geräte für das Ausland entwickelt werden. Die unterschiedlichen Umweltbedingungen zum Beispiel. Da u.a. StudentInnen aus Südamerika anwesend waren, ging es darum, inwiefern sich Waschmaschinen für den kolumbianischen oder bolivianischen Markt von deutschen unterscheiden müssten. Während eine deutsche Waschmaschine auch niedrige Temperaturen aushalten muss, geht es bei Produkten für den südamerikanischen Markt eher um hohe Luftfeuchtigkeitstoleranz, weil Waschmaschinen dort auch gerne mal auf dem Balkon stehen. Auch eine stabile Stromversorgung spielt eine wichtige Rolle. In China fällt der Strom z.B. öfter mal aus – hier muss eine Waschmaschine so programmiert sein, dass sie den Waschvorgang nicht neu beginnt, sondern das Programm weiterläuft, sobald der Strom wieder da ist. Auch Faktoren wie das Telekommunikationsnetz (das in Tibet übrigens besser ist als in Deutschland), alternde Gesellschaften (Deutschland ist das Land mit der ältesten Bevölkerung in Europa), die Akzeptanz neuer Technologien (in weiten Teilen der Welt wird nur noch bargeldlos bezahlt) und verschiedene Designvorlieben, sind entscheidend. Während in Deutschland Haushaltsgeräte am besten gar nicht wahrgenommen werden sollen (kleines Bedienfeld, weiße Farbe), lieben Chinesen bunte Haushaltsgeräte mit riesigen, blinkenden Displays.
Was die Zusammenarbeit in internationalen Teams angeht, müssen Sprachbarrieren, weite Distanzen, verschiedene Zeitzonen und kulturelle Unterschiede beachtet werden. Ist ein Meeting in Deutschland für den Nachmittag angesetzt, ist es in Asien bereits später Abend oder sogar Nacht – manchmal sind asiatische Teammitglieder allerdings zu höflich, um abzusagen.
Auch rechtliche Aspekte müssen beachtet werden: Software-Lizenzen sind oft nur auf ein einziges Land beschränkt, der Import und Export von Geräten (Prototypen) muss organisiert werden und Visa-Vorschriften sind für chinesische Geschäftspartner ein großes Thema, denn während wir Deutschen fast überall ohne Visum hinkommen, dauert es in China oft mehrere Wochen oder sogar Monate, bis ein beantragtes Visum vorliegt.
All das muss bedacht werden. Und in den Teams wird ständig die interkulturelle Kompetenz trainiert, etwa im Rahmen von Coachings und Trainings. Dabei geht es darum, „Intercultural Awareness“, also ein interkulturelles Bewusstsein zu entwickeln.
Kommunikation findet deshalb sowohl face to face (d.h. persönlich) als auch mit Hilfe von neuen Medien (Skype, Videoanrufe etc.) statt.
Herr Oberacher berichtete im letzten Teil des Praxisvortrags schließlich noch von seinem Alltag in der Entwicklungsabteilung. Er arbeitet sehr intensiv mit seinen slowakischen KollegInnen zusammen, die regelmäßig nach Regensburg kommen (und umgekehrt). Die Zusammenarbeit funktioniert so gut, dass mittlerweile sogar deutsche und slowakische Mitarbeiter gemeinsam in Urlaub fahren.
Der Vortrag bot interessante Einblicke in den herausfordernden Alltag in einem internationalen Unternehmen. Dass Küchengeräte, die wir alle aus unserem Alltag kennen, in unterschiedlichen Ländern derart abweichende Bedürfnisse erfüllen müssen (im Hinblick auf die Funktionalität, das Design etc.) ist schon eine sehr spannende Sache.
Und Pizza gab’s natürlich auch wieder, denn Pizza & Digitalisierung – das gehört einfach zusammen…