Rezension: „Die ‚Unkräuter‘ in meinem Garten“ von Wolf-Dieter Storl

Begleitkräuter statt „Unkräuter“ oder Vom Umgang mit ungewollten Pflanzen

Wolf-Dieter Storl ist eigentlich Ethnologe und hatte ursprüglich eine akademische Laufbahn eingeschlagen. Aufgrund einer schweren Krankheit orientierte er sich schließlich um und zog mit seiner Frau auf einen Einödhof im Allgäu. Dort leben die beiden im Einklang mit der Natur – und Storl publiziert regelmäßig Bücher zu den Themen Ethnobotanik, Ethnomedizin, Landwirtschaft und Gartenbau.
Kürzlich ist sein Buch über „Unkräuter“ erschienen und man merkt es schon an den Anführungszeichen: Storl empfindet Unkraut nicht als solches, sondern als Begleitkraut. Das ist auch die offizielle Bezeichnung, die man in der Gärtnerausbildung lernt. Und trotzdem bezeichnet Storl die „kraftstrotzenden Gewächse“ (6) auch selbst gelegentlich als Unkraut, denn im Gemüsebeet überwuchern Ackerwinde & Co nun mal alles…
Der Autor widmet sich zunächst ausführlich dem Thema allgemein. „Ein Unkraut ist nichts anderes als eine Blume, die am falschen Ort wächst“, sagte der Botaniker George Washington Carver einst. Storl begibt sich auf die Spur des Unkrauts, erklärt, wie andere Kulturen mit dem Thema umgehen und stellt fest, dass Naturvölker den Begriff nicht kennen. Er kommt zum Schluss: Nichts ist ausschließlich gut oder schlecht. Alles ist immer beides. Was aber bedeutet dies im Zusammenhang mit Unkraut?
Storl stellt in seinem Buch 21 „Pflanzenpersönlichkeiten“ vor. Und allein schon der Begriff ist ein klarer Hinweis auf seine Sichtweise. Pflanzen sind für ihn Persönlichkeiten mit bestimmten Charaktereigenschaften – Unkräuter sind kraftstrotzend.
Folgende Kräuter werden vorgestellt:
Ackerhellerkraut
Ackerschachtelhalm
Ackerwinde
Große Brennessel
Disteln
Persischer Ehrenpreis
Franzosenkraut
Frauenflachs
Fuchsschwanz
Gänsedisteln
Weißer Gänsefuß
Giersch
Gewöhnliches Greiskraut
Gundermann
Kriechender Hahnenfuß
Kletten-Labkraut
Löwenzahn
Quecke
Ruprechtskraut
Vogelmiere
Wegerich
Ausführlich geht er auf jede einzelne Pflanze ein und berichtet von ihren Vorteilen und Verwendungsmöglichkeiten. In einem Steckbrief werden Verbreitung, Standort, Vegetationszeit und verwendbare Teile (sofern vorhanden) aufgelistet. Zahlreiche Fotos helfen bei der exakten Bestimmung. Rezepte, Verwendungsmöglichkeiten und ein Praxisteil, in dem auch immer die Frage „Wie werde ich ihn los?“ beantwortet wird, ergänzen das Ganze.
Besonders interessant sind die Abschnitte zur Geschichte – das Franzosenkraut kam zum Beispiel über Botanische Gärten zu uns.
Storl kann spannend und liebevoll zugleich über die eigentlich unliebsamen Gartengäste schreiben. Durch die Lektüre kann sich durchaus etwas an der Wahrnehmung der Unkrautpopulation im eigenen Garten ändern. Selbst Leser, die sich schon intensiv mit dem Thema „Unkraut“ beschäftigt haben, können Neues lernen. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass das Jakobskreuzkraut, das Pferden aufgrund seiner Giftigkeit zum Verhängnis werden kann, von Kaninchen vertragen wird.
Alles in allem ist es ein ausgesprochen interessantes Buch, das ich gerne gelesen habe und in dem im immer wieder mal etwas nachlese.

Wolf-Dieter Storl: Die „Unkräuter“ in meinem Garten. 21 Pflanzenpersönlichkeiten erkennen & nutzen
erschienen am 7. Februar 2018
www.gu.de

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.