Auf zum Kommentarkettengruppenknuddeln!
Wer schafft 1.000 Likes und 3.000 Kommentare innerhalb von einer Stunde? Nacktheit, Tierbabys und Politik verboten!
1.024 Likes und 3.242 Kommentare hat Sarah S. in einer Gartengruppe mit über 100.000 Mitgliedern generiert. Innerhalb von 49 Minuten. Sandra P. schafft in einer Hundegruppe mit knapp 50.000 Mitgliedern lediglich 289 Likes und 877 Kommentare in 42 Minuten. Dafür sind die Kommentare gif-lastiger. Lächelnde Hunde, die mit den Ohren wackeln, Zeichentrickdalmatiner und seilspringende Pudel.
Wie machen die das? Ganz einfach: Wie früher der Sportlehrer, fordern sie Gruppenmitglieder dazu auf, „HIER!“ zu schreien. Und weil man das eben so macht, wird geliked und kommentiert.
„Es wird eine Bestandsaufnahme gemacht !! Achtung !!!! Alle Mitglieder hier melden sich jetzt mal mit einem Smiley.“ Durchschlagender Erfolg garantiert.
Archäologie- und Filmfans neigen nicht zum Gruppenknuddeln
Heute ist es wieder einmal soweit. Menschen fordern andere Menschen dazu auf, sich irgendwie zu verhalten und die machen das dann. Kein Mensch schreibt „Da will wohl jemand Aufmerksamkeit!“ oder „Likegeile Sau!!!“, wie man das sonst öfter liest, wenn jemand dazu aufruft, einen Beitrag zu liken. Stattdessen hagelt es Herzchen und Smileys. Katzenliebhaber, Hundehalter, Gartenfreunde und Weihnachtsfans zeigen, dass sie gerne zur Gruppe gehören. Noch nie habe ich derartige Aufforderung zu einer Kommentarkette in einer Archäologie- oder Filmgruppe gesehen. Archäologie- und Filmfans neigen nicht zum Gruppenknuddeln. Manchmal juckt es mich ja schon in den Fingern, einen derartigen Post in einer völlig unpassenden Gruppe zu veröffentlichen, nur um zu sehen, was passiert. Weil ich aber genau weiß, dass das in bestimmten Gruppen sozialdigitaler Selbstmord wäre – in etwa so, wie wenn einem in der Arbeit den ganzen Tag über ein Klopapierschwanz hinten aus der Hose hängen würde, lasse ich es lieber.
Kettenkommentare sind so alt wie die Forenkultur
Das Phänomen ist nicht neu. „Der längste Thread aller Zeiten“ ist ein Suchbegriff bei Google. Darüber, welcher Beitrag das sein soll, streiten sich die Gelehrten.
Sinnloskommentare fallen eigentlich in die Rubrik „Comment Spam“, die unter anderem mit Trollen, Bots und Astroturfing assoziiert wird. Doch im Gegensatz zum Astroturfing, einer Propagandamethode, die der gezielten Manipulation der öffentlichen Meinung dient, sind Knuddelketten vergleichsweise harmlos. Und doch beweisen sie auf eindrucksvolle Weise, wie leicht Menschen beeinflusst werden können.