Was haben Netflix und Netto gemeinsam?
Heute gab’s in der Wirtschaftsinformatik der OTH Regensburg wieder einen spannenden Praxisvortrag. Bernhard Karl (Head of Software Development & Business Intelligence) und Raul Schnelzer (Software Architect and Developer) von Netto referierten zum Thema „Die schöne neue Welt der Microservices-Architektur – Ein Einblick in die Anwendungsentwicklung von Netto Marken-Discount“.
Die Netto (das Unternehmen heißt „die Netto“, der Laden „der Netto“) hat ihren Stammsitz in Ponholz (Maxhütte-Haidhof), nördlich von Regensburg. Netto ist der größte Arbeitgeber der Oberpfalz – nicht etwa Krones, Continental oder BMW. Mit 4.260 Filialen deutschlandweit und 76.700 Mitarbeitern (davon über 80% „auf der Fläche“, also in den Filialen), 20 Logistikzentren und 21,5 Millionen Kunden wöchentlich, gehört Netto zu den wichtigsten Discountern des Landes und wird vom BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) als „kritische Infrastruktur“ (KRITIS) eingestuft. Kritische Infrastrukturen sind „Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden“ (BSI).
Netto hat eine Kundenkarte („Deutschlandcard“) und teilt die KundInnen in vier verschiedene Typen ein, wobei auch Mischtypen existieren:
– Anton (anonymer Kunde – Kunde ohne Kundenkonto bei Netto),
– Norbert (bekannter Netto-Kunde – Kunde mit einem Kundenkonto bei Netto),
– Dieter E. (eigenakquirierter Deutschlandcard-Kunde – für Netto komplett bekannt – personenbezogene Daten und Transaktionsdaten),
– Dieter F. (fremdaquirierter Deutschlandcard-Kunde mit DCard-Numer und Transaktionsdaten, keine personenbezogenen Daten).
Die Mischformen sind Norbert-Dieter E. und Norbert-Dieter F.
Was heißt das? Um die Deutschlandcard vollumfänglich nutzen zu können, müssen KundInnen sich registrieren und ihre Identität bestätigen (das geschieht in der Regel per Brief). Es gibt aber KundInnen, die sich zwar registrieren, aber nie ihre Identität bestätigen, KundInnen, die sich mit Quatschidentitäten anmelden (etwa Dagobert Duck) oder eben KundInnen, die zwar eine Karte haben, diese aber nie nutzen.
Schließlich ging es um die Microservice-Architektur. Microservices sind IT-Architekturmuster, bei denen eine komplexe Anwendungssoftware nicht als Ganzes („Monolith“) entwickelt wird, sondern aus zahlreichen, unabhängigen Prozessen zusammengestellt wird. Dadurch wird das Ganze natürlich weniger anfällig, da einzelne kleine Dienste entkoppelt funktionieren.
Vorreiter im Bereich Microservices ist übrigens Netflix. Der Streamingdienst kann auf eine lange Unternehmensgeschichte zurückblicken. Bereits 1997 wurde Netflix als Online-Videothek (VHS, DVD, Blu-ray) gegründet. 2008 kam es zu einem großen technischen Problem, so dass ab 2009 eine Umstellung auf Microservices stattfand. Das Spannende daran: Netflix dokumentierte das Ganze öffentlich in einem Blog. Heute hat das Unternehmen 158 Millionen Subscriber, ist in 190 Ländern vertreten, investierte bereits über 15 Milliarden $ in Inhalte, verbraucht 15% der weltweiten (!) Bandbreite und bewältigt mit 500 Microservices 250 Millionen Stunden Streams am Tag.
Auch sämtliche andere Software-Giganten setzen mittlerweile auf Microservices, etwa Google, Microsoft, Facebook, Amazon, Apple, Tesla, Ebay, Zalando und PayPal usw.
Anhand einer technischen Prozessdarstellung wurde uns grob der technische Aufbau der CRM-Plattform (CRM = Customer-Relationship-Management = Ausrichtung auf den Kunden) erklärt.
Es war wieder einmal ein interessanter Praxisvortrag von einem ostbayerischen Unternehmen.